Neue Entwicklungen zur EU-Dienstleistungsrichtlinie

Veröffentlicht am 09.02.2006 in Europa

Nächste Woche wird über die Dienstleistungsrichtlinie abgestimmt

Helmut Kuhne, westfälischer SPD-Europaabgeordneter, zum "Stand der Kampfhandlungen"

In der kommenden Woche wird das Europäische Parlament in Straßburg in 1. Lesung über die umstrittene Dienstleistungsrichtlinie abstimmen. Der westfälische SPD-Europaabgeordnete Helmut Kuhne gibt hier einen Überblick über den Stand der Entwicklungen.

Es gibt im Europäischen Parlament drei Grundpositionen: vollständige Ablehnung, möglichst wenig Änderungen am Kommissionsentwurf und das Ziel einer sozialen Ausgestaltung. Das erste Ziel wird am stärksten durch die klassischen Kommunisten und die ihnen nahestehenden Abgeordneten repräsentiert, das zweite durch die Liberalen und große Teile der Europäischen Volkspartei, zu der auch die CDU gehört, das dritte Ziel durch die große Mehrheit der sozialdemokratischen Fraktion, vor allem auch durch die SPD-Abgeordneten.

Es ist bereits jetzt klar, dass in der kommenden Woche nicht mehr über den ursprünglichen Kommissionsvorschlag abgestimmt werden wird, sondern nur noch über das Ausmaß der Veränderungen. "Von einer Bolkestein-Richtlinie kann keine Rede mehr sein," erklärte Helmut Kuhne, "wir können bereits jetzt von der Evelyne Gebhardt-Richtlinie sprechen." Bei der Verfolgung dieses Zieles hatten die Sozialdemokraten bereits bei den Ausschussberatungen schon einige Erfolge erzielt:
  • ganze Bereiche werden aus der Dienstleistungsrichtlinie ausgenommen wie das Gesundheitswesen, Berufe, die an der Ausübung der Staatsgewalt mitwirken sowie Bankgeschäfte
  • das nationale Arbeits- und Sozialrecht darf durch die Richtlinie nicht verändert werden
  • Die Entsenderichtlinie, nach der entsandte Arbeitnehmer nach den Bestimmungen am Ort der Arbeitserbringung bezahlt und sozialversichert werden, darf ebenso wenig angetastet werden wie die nationalen Kontrollmöglichkeiten, etwa Vorhandensein der entsprechenden Unterlagen auf der Baustelle
  • Besonders wichtig ist auch, dass eine Dienstleistungsrichtlinie existierende und laufende Gesetzgebung der EU nicht einschränken darf. Beispiele sind die öffentliche Auftragsvergabe und die gegenseitige Anerkennung der Berufsabschlüsse. Hier gibt es allerdings ein Problem, dessen Ursache im deutschen Recht liegt: kein Unternehmen, auch keines aus einem anderen Land, dürfte in Deutschland Leistungen im Bereich der Krankenpflege mit minderqualifizierten Arbeitskräften anbieten, dagegen ist aber die Altenpflege in Deutschland nicht reglementiert. "Deutsche Spezialprobleme können wir genau so wenig mit einer europäischen Gesetzgebung lösen wie französische oder polnische," erklärte Kuhne.
  • Das sogenannte "Herkunftslandprinzip" wurde bereits im Ausschuß "durchlöchert", indem bestimmte Bereiche, wie z. B. die Wasserwirtschaft nicht in dessen Rahmen bleibt. Außerdem obliegt die Kontrolle der Leistungserbringung den Behörden des Ziellandes.
Am 7. und 8. Februar fanden Verhandlungen zwischen den beiden großen Fraktionen im Europäischen Parlament statt, bei denen die Sozialdemokraten in enger Zusammenarbeit mit dem Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) - vorbehaltlich der Zustimmung der Konservativen und Christdemokraten - weitere wichtige Punkte durchsetzen konnten:
  • ausgenommen aus dem Geltungsbereich sind jetzt auch der öffentliche Personennahverkehr (urban transport), Sicherheitsfirmen und vor allem Zeitarbeitsfirmen. "Gerade hier lag eine große Gefahr von Dumpinglöhnen," erklärt Kuhne. "Deutsche Auftraggeber hätten Arbeitskräfte als Dienstleistung bei Agenturen in solchen EU-Mitgliedstaaten ausleihen können, in denen deutlich niedrigere Löhne gezahlt werden als hier."
  • "Der entscheidende Erfolg besteht darin, daß das Herkunftslandprinzip endgültig versenkt wurde, " betont Kuhne. Eine Einigung sei mit einer symbolischen Auseinandersetzung über Begriffe wie "Zielland-" oder "Herkunftslandprinzip" nicht herstellbar gewesen. Statt dessen einigte man sich auf einen dritten Weg, der gleichzeitig die Öffnung der Märkte ermöglicht und dabei das europäische Sozialmodell garantiert. Das geschieht dadurch, daß das "Herkunftslandprinzip" durch die bereits im EU-Vertrag garantierte Dienstleistungsfreiheit ersetzt wird und die Mitgliedstaaten keine Vorschriften mehr erlassen dürfen, die den Grundsätzen der Proportionalität, der Notwendigkeit und der Nicht-Diskriminierung widersprechen und damit Dienstleister unnötig behindern. "Der deutsche Malermeister kann deshalb demnächst in Belgien Aufträge annehmen, ohne daß er die Farbe in in Belgien zugelassenen Autos transportieren muß," erläuterte Kuhne.
"An den Sozialdemokraten wird der Kompromiß nicht scheitern," erklärte Kuhne. "Auch die sozialdemokratischen Mitglieder aus den neuen Mitgliedstaaten tragen ihn mit." Nicht im Kompromiss enthalten und von den Sozialdemokraten weiterhin beantragt wird - die Herausnahme der Dienste von allgemeinem Interesse und allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, im wesentlich das, was in Deutschland "Daseinsvorsorge" heißt, z. B. Kindergärten und soziale Dienste. Aber zur Klarstellung: das soll keine Abschottungsmaßnahme darstellen, vielmehr wollen die Sozialdemokraten - wie ver.di - für diese Bereiche eine eigene Rahmenrichtlinie. Ob der Kompromiss hält, weiß Kuhne nicht: "Gerade Gewerkschafter sind bei den letzten Wahlen zum Europäischen Parlament zu Hause geblieben, weil sie der SPD wegen der nationalen Hartz IV-Gesetzgebung eins auswischen wollten. Auf diese Weise haben sie der CDU/CSU und der FDP zu ihrer Mehrheit im Ausschuss verholfen, von der wie sie jetzt mühsam herunterhandeln mussten. Die SPD und auch ich unterstützen die Demonstrationen am 11. und 14. Februar, aber ich möchte nicht wissen, wie viele von denen, die demonstrieren, am 13. Juni 2004 zu Hause geblieben sind. Der Aufruf der Gewerkschaften spricht sich für eine soziale Ausgestaltung der Dienstleistungsrichtlinie aus. Es gibt gute Chancen, dass wir das hinkriegen und die ursprüngliche beabsichtigte Deregulierungsorgie zu einem Instrument der Sicherung von Arbeitnehmerrechten machen können."
 

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