Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden

Veröffentlicht am 02.05.2008 in Ratsfraktion

Die Ratssitzung am 29.04. brachte nicht nur den bedauerlichen Mehrheitsbeschluss zum Freibadende, der Rat beschloss auch den Haushalt für das Jahr 2008. Die Berichte in den Lokalzeitungen geben zwar die Zustimmung richtig wieder, nicht aber das, was eine zukünftige Zusammenarbeit erschwert.

Der Nachdruck der Etat-Rede bietet die Möglichkeit, die Haltung der SPD-Fraktion zu erkennen.

Wortbeitrag der SPD Schwelm zum Haushalt 2008
Gerd Philipp

Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,

Der Etat 2008 zeigt eine doppelte Besonderheit. Zum einen haben wir eine neue Form der Rechnungslegung, die eine veränderte Darstellung, eine Verringerung der Vergleichmöglichkeit zum bisherigen Etat und neue Möglichkeiten der Planung und der Erfolgskontrolle eröffnen – zumindest theoretisch.

Gleichzeitig haben wir einen Etat vor uns, zu dem die Mehrheit des Rates am 24. Mai des letzten Jahres sagte: „Wir wollen ihn gemeinsam beschließen.“

Der Haushalt 2007 war im Rat in der Sitzung am 22. März mit 23 gegen 23 Stimmen abgelehnt worden. Nun sind die Protokolle des Rates in der Regel so gehalten, dass man – bis auf die Zahlen – nichts erkennen kann.

Da es aber erst ein gutes Jahr her ist, verrate ich kein Geheimnis, wenn ich uns – sprich die SPD - , die Grünen, die SWG und die FDP als die Fraktionen benenne, die gegen den Etatentwurf 2007 in der Märzsitzung stimmten und so die Ablehnung der Politik des Bgm verdeutlichten. Das knappe Ergebnis rührte daher, dass nicht alle Fraktionen vollständig waren. Danach war die Verwaltung gefordert, sich um eine Mehrheit zu bemühen. Dieses Bemühen gestaltete sich desaströs und brachte konsequenterweise kein positives Ergebnis. Gleichzeitig bemühten sich die Fraktionen des Rates um Lösungen, wobei die Entscheidung bei der Mehrheitsfraktion des Rates lag, der CDU. Die Bürgerinnen und Bürger wurde derweil von den Herren Schwunk und Plottke darüber informiert, dass es am Ende nur eine Lösung geben könne: die CDU müsse den Vorschlägen der FDP folgen und mit ihr und der SWG den Haushalt 2007 tragen. Die CDU hatte in der Tat die Wahl: entweder a) eine Zusammenarbeit mit Bündnis 90/die Grünen und der SPD, die sich auf gemeinsame Bedingungen geeinigt hatten, bei deren Akzeptanz sie das Notopfer für Schwelm zu bringen bereit waren. Für uns kann ich sagen, wir drängten uns nicht danach, hatten auch längere interne Diskussionen, bis wir den Weg gehen konnten. Wir hatten auch nichts dagegen, als Drohkulisse für Verhandlungen mit FDP und SWG benutzt zu werden. oder b) eine Zusammenarbeit mit FDP und SWG. Die CDU hat auch beide Möglichkeiten ausgelotet. Am Ende der verschiedenen Gespräche stand dann eine gemeinsame, schriftlich fixierte Übereinkunft von CDU und BfS auf der einen und SPD und Grünen auf der anderen Seite. Der Weg dahin ging so: Nachdem deutlich wurde, dass der Bürgermeister mit seinem Verfahren keine Mehrheit für den Etat schaffen würde, musste der Rat aktiv werden. Wir loteten mit den Grünen einen Kompromiss aus. Gemeinsam boten wir dann dem CDU-Fraktionsvorsitzenden das Gespräch an. Parallel dazu lud Paul Frech alle Fraktionen zu Gesprächen ein. Es gab danach Besprechungen von CDU und BfS mit FDP und SWG sowie mit SPD und Bündnis90/Die Grünen. Ergebnis war die Erklärung der von mir genannten vier Ratsfraktionen zur Begründung für ihr Abstimmungsverhalten beim TOP „Haushaltssatzung 2007“. Man kann sie lesen als Anlage zum Protokoll der Ratssitzung vom 24. Mai 2007. Sie beinhaltet
  • das Ja zum Etat 2007,
  • das Ja zu der von den Grünen vorgeschlagenen Gewerbesteuererhöhung,
  • das Ja zu der von der SPD vorgeschlagenen Positivliste,
  • das Ja für eine Unterstützung des Themas der Kulturhauptstadt 2010 Jeki „Jedem Kind ein Instrument“ und
  • die Aussage der Fraktionen, dass sie gewillt sind, dem Haushalt 2008 zuzustimmen – also diesem, der heute Thema ist - und auch für 2009 ein Übereinkommen anstreben.
Somit hatte sich eine Notgemeinschaft auf Zeit gebildet. Weder Herr Frech, noch Frau Gießwein, noch ich sind bzw. waren Juristen. Es ist auch keiner von uns auf die Idee gekommen, diese Übereinkunft von einem solchen auf irgendwelche Schlupflöcher prüfen zu lassen. Und alle haben die Übereinkunft freiwillig unterschrieben. Gemäß dieser Erklärung wurde die Gewerbesteuererhöhung beschlossen. Der Haushalt 2007 wurde im Mai des letzten Jahres angenommen. Die Positivliste wurde im Herbst als Zielfindungsprozess begonnen,- konkret: als Arbeitskreis Zielfindung, der mit dem Hauptausschuss personell identisch ist, gegenwärtig noch mit Hilfe einer Moderatorin. Für uns öffnete sich damit das Fenster für eine andere Art der politischen Arbeit. Gewohnt waren wir in der Rats- und Ausschussarbeit ein Verfahren, das Einzelpunkte vorschlägt, dabei nicht immer auf Zusammenhänge achtet. (z. B. Ratssitzung im März 2008 TOP8 Vorlage 040/2008, mittlerweile dankenswerterweise vom Antragsteller SWG zurückgezogen) Statt Agieren gibt es da ein Reagieren, dies bei einer Verwaltung, die immer mehr wissen kann als die Fraktionen. Der Zielfindungsprozess dagegen erarbeitet Zukunftsperspektiven. Er bietet die Möglichkeit einer kontinuierlichen Arbeit, es gibt kein Verkleistern – aber ein Ausloten der Möglichkeiten Und das Verfahren passt ausgesprochen gut zum NKF, dem Neuen Kommunalen Finanzmanagement. Die begonnene Arbeit des Zielfindungsprozesses - wenn ich die Aussagen der Teilnehmer nehme, die ich bisher gehört habe – entwickelt sich positiv. Die Sitzungen brachten einen erstaunlichen Fortschritt. Ein solches Verfahren bedarf aber gewisser Verlässlichkeiten, Beschlüsse sind zu beachten, Absprachen sind einzuhalten. Und damit komme ich zurück auf die Übereinkunft zum Etat 2007, die Grundlage für das heutige Ja zum Haushalt 2008 sein sollte.Sie hat noch einen Passus, den der damalige CDU-Fraktionsvorsitzende, Paul Frech, formuliert hatte und der auf seinen Wunsch Teil der Vereinbarung wurde. Ich zitiere:
„In den Etatberatungen der Haushalte 2008 und 2009 wird bei gegebenenfalls vorhandenen unterschiedlichen Auffassungen zu Einzelpositionen versucht, in interfraktionellen Gesprächen (Fraktionsvorstände) nach einer einvernehmlichen Lösung zu suchen. Die Fraktionen sind gewillt, dem Haushalt 2008 zuzustimmen und streben auch für 2009 ein Übereinkommen an.“
Es gab mal einen sehr bekannten CSU-Politiker, von dem ich den Satz behalten habe: „Pacta sunt servanda.“ „Verträge müssen eingehalten werden.“ Die Bäderfrage, die wir vorhin behandelt haben, hat zwei Seiten, eine inhaltliche (was man will) und eine Verfahrensfrage (wie man die Frage behandelt). Was den Inhalt betrifft, da habe ich die Vorstellung, dass ich die Haltung der CDU zur Bäderfrage seit Beginn dieser Ratssession kenne. Zum Verfahren führte der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Flüshöh, in der letzten Hauptausschusssitzung aus, sie - die CDU – hätte allen Fraktionen den Antrag zugeschickt. Das kann ich für uns bestätigen, ich erhielt die Information per Blitzbrief. Aber der Fraktionsantrag „Zukünftiges Bäderkonzept“ (Vorlage 047/2008) betrifft nicht nur den TOP 5 der heutigen Sitzung, er beinhaltet auch einen Vorschlag für den heute zu beschließenden Haushalt. Und dafür hätte die Übereinkunft greifen müssen. Da mag nun ein Winkeladvokat sagen, das Zusenden des Antrags wäre etwas Ähnliches wie die in der Übereinkunft festgeschriebenen interfraktionellen Gespräche (die von der CDU gefordert und in den Text gebracht wurde) Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass in diesem Kreis jemand diese Meinung vertritt. Wenn ich auf Franz-Josef Strauss zurückkommen darf und sein „Pacta sunt servanda“, dann hat die CDU-Fraktion kein Jahr gebraucht, um dagegen zu verstoßen.Sie haben mit Ihrem Verhalten die Übereinkunft gebrochen. Ich habe keine Ahnung, was Sie geritten hat so zu handeln. Da stellt sich uns zwangsläufig die Frage, was machen wir nun mit diesem Haushalt? Die Übereinkunft war ja die Grundlage dafür, dass sich die vier Fraktionen dazu durchgerungen haben, den Etat 2007 gemeinsam zu beschließen und den Etat 2008 gemeinsam beschließen zu wollen. Der Bürgermeister zeigt sich überfordert, das führte zum Notopfer Schwelm. Und nun zeigt sich die Mehrheitsfraktion wortbrüchig. Was ist zu tun? Für uns eine schwierige Situation. In die Zusammenarbeit waren wir offen, nicht optimistisch gegangen. Bei einigen Mitgliedern meiner Fraktion gab es eine gehörige Portion Skepsis, individuell unterschiedlich dosiert. Und nun das. Da hatte sich 2007 mit der Ablehnung des Haushaltes die Chance eröffnet: Eine zukunftsorientierte, abgewogene (nicht aus-), argumentativ untermauerte, mittel- und langfristig angelegte Kommunalpolitik zu versuchen – ich meine den Zielfindungsprozess - ; Da hat das beharrliche Betreiben von Günther Dresen, die Wortlosigkeit der Verwaltung dem Kreis gegenüber zu beenden, zu angestrebten Ausbildungsplätzen in diesem Haushaltsentwurf 2008 geführt. Da hat die nahende Einführung des NKF eine gute sachliche Zusammenarbeit der zuständigen Fachbereiche der Verwaltung mit den politischen Gremien gebracht (für Städte und Kreis Ennepe-Ruhr offensichtlich keine Selbstverständlichkeit). Wir standen plötzlich vor einer schwierigen Beratung. Wie kann man mit Leuten zusammenarbeiten, die so nassforsch Vereinbarungen ignorieren? Das, was wir mit dem Zielfindungsprozess begonnen haben, sehen wir als den richtigen Weg, um für unsere Stadt zu vernünftigen Lösungen zu kommen. Und dies losgelöst davon, wie die Mehrheiten zu einzelnen Fragen aussehen werden. Wir wollen das nicht so einfach aufgeben, nachdem wir seit 2004 für das jetzt erfolgreich begonnene Zielfindungsverfahren geworben haben. Nach langer, intensiver Diskussion der Fraktion halten wir unseren Part der Übereinkunft von 2007 trotzdem ein, die SPD-Fraktion wird dem Haushalt 2008 zustimmen. Andere werden für sich klären müssen, was gilt und was sie wollen. Die Chance, die wir gemeinsam für diese Stadt geschaffen haben, hängt an einem seidenen Faden. (Es gilt das gesprochene Wort.)
 

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