Etat 2006 verabschiedet – Chance verpasst

Veröffentlicht am 19.03.2006 in Ratsfraktion

In der Ratssitzung am 16. März wurde der Etat mit den Stimmen von CDU und BfS gegen die Stimmen von SPD, SWG und FDP mit 22 gegen 18 Stimmen verabschiedet. Die zwei, die 2005 noch mit der CDU für den Etat gestimmt hatten, lehnten diesmal ab.

Vor der Abstimmung hatte die CDU eine Besprechung der Fraktionsvorsitzenden beantragt. Eine Mehrheit für den Etat 2006 schien nicht gesichert. Klar waren nur die 18 Ja-Stimmen von CDU und Bürgermeister. Nicht immer gibt es eine Diagonalsperre im Angebot.

Die BfS hatte angekündigt, nicht gegen den Etat stimmen zu wollen. In der Besprechung wechselte die BfS nun von der Enthaltung zum Ja. Damit war die Zustimmung gesichert. Die Ankündigung der drei Grünen, sich enthalten zu wollen, war nur noch Zahlenkosmetik.

Die Überlegung, die Entscheidung zu vertagen, hatte die Tür einen Spalt geöffnet für eine Chance, von der gegenwärtigen kurzatmigen Politik zu einer langfristig angelegten zu wechseln. Die Tür wurde zugeschlagen, es darf weiter Stückwerk produziert werden. Eine Chance wurde verpasst.


Zum Haushalt 2006
Stellungnahme der SPD-Fraktion

Es dauert nicht lange, dann jährt sich die preußische Städtereform und damit der Beginn der kommunalen Selbstverwaltung in Preußen, zum 200. Mal. Für ihren Schöpfer, Freiherr vom Stein, war wichtig „die Belebung des Gemeingeistes und Bürgersinns, die Benutzung der schlafenden oder falsch geleiteten Kräfte und der zerstreut liegenden Kenntnisse. ... „Der Formelkram und Dienstmechanismus in den Kollegien“ so schreibt er in seiner Nassauer Denkschrift von 1807 „wird durch Aufnahme von Menschen aus dem Gewirre des praktischen Lebens zertrümmert, und an seine Stelle tritt ein lebendiger, fortstrebender, schaffender Geist...“
Damit meint er im Kern uns, die wir hier heute sitzen und den Etat für 2006 beschließen sollen. Durch uns soll „der Formelkram und Dienstmechanismus der Kollegien ... zertrümmert werden.“

Nach §26 der preußischen Städteordnung „liegt einem jeden Bürger die Verpflichtung ob, zu den städtischen Bedürfnissen aus seinem Vermögen mit seinen Kräften die nötigen Beiträge zu leisten und überhaupt alle städtischen Lasten verhältnismäßig zu tragen.“
Nun, heute sind die Lasten unverhältnismäßig hoch, der kommunalen Selbstverwaltung droht die Atemluft genommen zu werden.
Manchen Bürger – siehe §26 der preußischen Städteordnung – berührt das in seiner Erwartung an die Kommune – so mein Eindruck – wenig. Im Gegenteil, die Erwartungen werden gerne mit dem Vorwurf der „Abzocke“ kombiniert, wenn die Kommune die fatale Vorstellung entwickelt, Einnahmen seien nötig, um bestimmte Leistungen erbringen zu können.
Das zeigt, die Situation ist in mehrfacher Beziehung verfahren und muss neu geordnet werden.

Was die anlangt, die von oben an die Kommunen neue Aufgaben vergeben ohne die Finanzierbarkeit ähnlich sorgfältig zu betreiben, die können auf eine lange Tradition zurückblicken. Mit der o.g. kommunalen Selbstverwaltung bekamen die Städte Kosten der Napoleonischen Zahlungsforderungen an Preußen auferlegt und hatten lange daran zu knabbern.
Da bleibt, damals wie heute, die Notwendigkeit, sich auf die eigene Kraft zu besinnen, um zu Lösungen zu kommen.

Im März 2005 hat der Rat das versucht. Er hatte zwischen zwei Vorschlägen zu wählen, die schwierige Situation der kommunalen Finanzen aktiv anzugehen. Der erste zielte darauf, in einer nichtöffentlichen, begleitenden Kommission (die so genannte Kämmerchen-Kommisssion) nach Einsparpotentialen zu suchen und die Ergebnisse in diesen heute zu beschließenden Etat einfließen zu lassen. Für diesen Vorschlag entschied sich die klare Mehrheit des Rates.
Ich habe den Eindruck, dass nicht alle Teilnehmer dieser Kommission den bisherigen Weg als erfolgreich ansehen.

Wir schlugen in dieser März-Sitzung einen anderen Weg vor, den Weg, den wir mit dem Stichwort Positiv-Liste gekennzeichnet haben. Der Rat sollte eine Liste der Prioritäten erarbeiten und sich damit von einer Politik des „Sowohl als auch“ hin zu einer Politik des „Entweder – oder“ der knappen Kassen bewegen.
Das Ergebnis, auf das sich der Rat verständigt hätte, sollte dann den Bürgerinnen und Bürgern vorgestellt werden.
Ich darf hier an den § 26 der preußischen Städteordnung erinnern: „Einem jeden Bürger liegt die Verpflichtung ob...“
Jede und jeder hätte sagen können: „wir wollen das anders“ oder „Wir wollen anderes.“ Aber immer hätte der Preis gesagt werden müssen, den wir zu bezahlen haben, da greift dann der Spruch von der Abzocke für jeden erkennbar zu kurz.

Unser Weg war leider nicht mehrheitsfähig. Herr Frech fühlte sich bemüßigt, darauf hinzuweisen, dass der HauptA diese Aufgabe, die wir vorgeschlagen haben, eh leisten muss. Unser Antrag sei daher völlig überflüssig. Nun, Sprüche und Realität entsprechen sich häufig nicht. So auch hier.

Der HauptA hat diese Frechsche Selbstverständlichkeit nicht geleistet. Das war mir – und ich denke auch Herrn Frech – schon damals klar. Solch eine Arbeit kann man nicht en passant leisten. Sie sollte aber geleistet werden, gerade auch, um dem Wunsch des Herrn vom Stein nach Belebung des Gemeinsinns eine neue Chance zu geben.

Seine Etatrede zum Haushalt 2004 begann Klaus Kramer, mein Vorgänger in der SPD-Fraktion mit dem Satz:“ Der Haushalt 2004 der Stadt Schwelm ist angesichts der Haushaltslage ein Haushalt der Perspektivlosigkeit.“
Nun, wenn ich den Vorspann nicht gegeben hätte, hätten wir uns an Kohlsche Silvesterreden erinnern können. Denn die Aussage von Klaus Kramer gilt weiterhin. Auch sein Satz: „Die SPD-Fraktion ist auch der Auffassung, dass man in einer solchen Haushaltssituation noch mehr Prioritäten setzen muss.“ Eine Entscheidung für unseren Vorschlag im März 2005 hätte diesen Weg beschritten.

Lassen Sie mich an dieser Stelle drei Bemerkungen zum Leserbrief des Bürgermeisters machen anlässlich unserer Ankündigung, diesem Etat 2006 nicht zuzustimmen, gerade weil sich einige Leute über seine Darstellung aufgeregt haben.

Die Aussage, wenn die SPD nichts sage, dann könnten wir uns die Kosten für die Sitzungsgelder der Ausschüsse sparen, gibt uns eine Bedeutung, die die anderen Fraktionen automatisch und natürlich zu Unrecht abwertet. Bei jedem anderen hätte ich das als maßlos überzogen zurückgewiesen. Wenn er das aber so sieht, dann er sollte bei dem, was wir sagen, auch genau zuhören.
Das Anpreisen des vorgelegten Etatentwurfs durch den Bürgermeister ist ein normaler Vorgang. Kein Jahrmarktverkäufer, der zuckersüße Weintrauben anpreist, wird sich laut korrigieren, wenn ein Kunde sie eher sauer findet.
Schwieriger ist es, das Unverständnis des Bürgermeisters über das, was wir fordern, zu beseitigen. Ich musste lange nach einem Bild suchen, das die Situation verdeutlicht. Da fiel mir der Antrag zur Diagonalsperre ein, den die CDU den Fraktionen von FDP und SWG im Vorfeld der Etatberatung 2005 gewährt hatte. Die Schildbürger sollten ihnen daher vertraut sein:
Die Schildbürger hatten sich ein dreieckiges Rathaus gebaut. Nach sechs Wochen war es fertig. Drinnen war es aber völlig finster. Im Wirtshaus besprachen sie, wie man Licht hineinschaffen könnte. Der Hufschmied sagte: „Wir sollten das Licht wie Wasser hineintragen!“ „Hurra!“ riefen alle begeistert und gingen ans Werk. Soweit die Schildbürger.

Übertragen auf unsere Situation heißt das, der Bürgermeister schleppt mit seinen Helfern Licht in Wannen und Säcken ins Rathaus. Wir, die wir uns nicht beteiligen, werden aufgefordert, logistische Alternativen zu formulieren, was wir nicht tun. Denn wir wollen lieber Fenster einbauen.
Zurück zum Etat 2006.

Die Mehrheit des Rates ist im März 2005 unserem Vorschlag nicht gefolgt. Sie ist den anderen Weg gegangen, wobei ich zugestehe, dass der ein oder andere die Vorstellung hatte, dadurch umsteuern zu können. Heute muss er sich sagen, das war eine Illusion. Real hat er den Weg des Weiterpröttelns gefördert, sicher ungewollt. Ergebnis ist der vorliegende Haushalt, dem wir nicht zustimmen.

Wir haben die Hoffnung, dass die Aussage unseres früheren Ministerpräsidenten und jetzigen Finanzministers für uns zukünftig nicht mehr gelten möge: „“Politik und Verwaltung laufen auf ausgetretenen Pfaden,“. Bisher ist es aber so. Und er fährt fort: ...die wir endlich verlassen müssen.“ Was bleibt uns als Möglichkeit dazu, dies zu tun?

Gegenwärtig nur der Weg über Einzelanträge, die auf Zusammenhänge zielen. Mit den Anträgen zum Flächennutzungsplan, den Bädern und den Sportplätzen gehen wir ihn. Schön, dass diese Anträge mehrheitsfähig waren. Schöner wäre es, Sie erkennen die Mühseligkeit dieses Weges und wagen mit uns eine klare Linie.

Denn, wir sollten nie die Einzellösung suchen, sondern immer den Blick auf das Ganze richten. Vielleicht nicht der einfache Weg, aber der nachhaltigere und nach unserer Auffassung der richtige für die Zukunft unserer Stadt.
Gerd Philipp

 

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